Januar-Sonne

Immer dieses endlose Warten auf ein wenig wärmende Sonne im Januar! Und wenn sie dann endlich tatsächlich einmal kurz hinter Dunstschleiern erscheint, zieht sie sogleich von Dunkelheit ausgezehrte, bleiche Menschen an, die ihr entgegenstreben und dabei rücksichtslos lange Schatten hinter sich herziehen. Wo viel Licht ist, soll es ja angeblich auch viel Schatten geben. Mit astronomischen Fakten hat dies allerdings weniger zu tun als vielmehr mit gesellschaftlichen Erfahrungen oder Vorurteilen.

Von Dänen gefragt, wie es mir denn mittlerweile in Deutschland gefalle, ist meine Antwort stets ambivalent: Einerseits, andererseits. Wobei sich Vor- und Nachteile als Ergebnis ein und derselben Ursache ergeben. Deutschland bedeutet mehr Vielfalt als Dänemark, ist bunter, variierter, individueller. Als Konsequenz daraus ist es aber zugleich auch unberechenbarer und wirkt auf mich gefährlicher. Der Hang zu Vorsichtsmaßnahmen in weiten Teilen der Bevölkerung und ihren Institutionen nimmt vielleicht auch gerade deshalb manchmal hysterische Dimensionen an. Licht und Schatten stehen im schärferen Kontrast als in Dänemark, wo alles etwas ausgeglichener, lockerer, dafür aber auch langweiliger ist. Ja, man könnte durchaus behaupten, dass die Angst vor Kontrasten in Dänemark so ausgeprägt ist, dass man dort alles Hervorstechende am liebsten in einem dämmerigen Nebel einhüllen würde. Die Frage ist allerdings, ob dieser Nebel letztendlich auch nicht nur Blendwerk ist, das Unterschiede zwar verschleiert, aber weder bearbeitet noch tatsächlich eliminiert.

An diesem Januar-Tag zumindest gefielen mir das viele Licht und die langen Schatten eigentlich ganz gut.

Der er lukket for kommentarer.

Create a website or blog at WordPress.com

Up ↑